Biografisches


Geboren 1953 – also im Kambrium – gehöre ich zu einer Generation, die das zweifelhafte Vergnügen hat, in ihrem kurzen Leben gleich zwei geologische Zeitalter kennenzulernen. Denn die Kambrium-Klima-Nische liegt hinter uns. Vor uns liegen extrem ungewisse und holprige Jahre im Anthropozän.

Ich erinnere, dass es in meiner Kindheit weder Autos noch Telefone, noch Flugzeuge gab. Schokolade war eine Kostbarkeit, nach der wir Kinder uns vergeblich sehnten.

Früh von einem Jesuitenpater politisiert und empört über die Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten und Kriege in der Welt, schloss ich mich als Schülerin dem SDS an – der damals auch eine Schüler-Abteilung hatte.

Meine Jugend war geprägt von antiautoritären Blumenträumen, Friedenswünschen, Optimismus und von der Idee, dass Sex ein Weg zur Befreiung und Konsum unwichtig ist. Geld und Karriere waren unbekannte Objekte und hatten nichts mit uns zu tun.

Das humanistische Gymnasium, das ich besuchte, hat an mir ganze Arbeit geleistet: Ganz in der Tradition der Aufklärung war mir das „Selber Denken“ als einzigartig spannender und unterhaltsamer Ausweg aus jeder selbstverschuldeter Unmündigkeit und Langeweile Leitschnur und Ansporn.

Erst Anfang der 80er Jahre, als wir einen SPD-Kanzler hatten, der (wie übrigens auch Oskar Lafontaine) zur „Toscana-Fraktion“ gehörte und Brioni-Anzüge trug, wurde der Wunsch nach Luxus, Marken und Karriere auch in meiner Welt „hoffähig“. Mit fatalen Folgen.

Meine Lehrer, Professoren und Vorgesetzten hatten es nie einfach mit mir: Ich war renitent, extrem belesen, eigenwillig und diskutierfreudig, gründete eine freiwillige Philosophie-AG, die sich Nachmittags traf, war Klassensprecherin, Schulsprecherin, im Studentenparlament und später in der SPD und bei den Grünen aktiv.

Das (vollständig selbst finanzierte) Studium der Philosophie, Politischen Wissenschaften und Volkswirtschaftslehre verlief unauffällig. Ich hatte wunderbare Professoren, darunter Klaus Novy, Kurt Lenk, Klaus Prätorius, Mathias Gatzemeier u.a.. Die Schwerpunkte lagen in den Bereichen Wissenschaftstheorie, Frankfurter Schule und einem intensiven Studium der Politischen Theorien – die ich später – im Rahmen meiner Masterarbeit am Beispiel Frankreich und De Gaulle vertiefte.

Nur ein Zufall verhinderte meine Promotion in Hamburg. Ich wollte mich mit der Neuen Rechten in Frankreich beschäftigen, was wie wir heute wissen, keine schlechte Wahl war.

Da sich die Auszahlung der Stipendien plötzlich um ein Jahr verzögerte, nahm ich das Angebot an, im Auftrag der Umweltschutzbehörde (Senator Wolfgang Curilla) den ersten Hamburger Umweltatlas zu schreiben. Danach ließ mich das Thema Umweltschutz nicht mehr los. Nachhaltigkeit ist seit damals die theoretische und praktische Herausforderung, um die sich all mein Denken und Arbeiten kreiste.

Dass ich niemals promovierte oder Professorin wurde – noch nicht einmal ehrenhalber – dürfte vor allem meinen Kindern zu verdanken sein. Zwei große Lieben, die mir alles – auch finanziell und zeitlich – abverlangt haben, was Männer in ihrer Karriere und in der Verbreitung ihres Ruhmes stecken konnten. Ich habe es nie bereut.

Ich hatte das große Vergnügen fast alle, die wichtigen Denkerinnen der Nachhaltigkeitsforschung kennen gelernt zu haben, und von Ihnen gelernt zu haben – so wie sie von mir: Walter Stahel, Willy Bierter, Friedrich Schmidt-Bleek, Ernst Ulrich von Weizsäcker, Uta von Winterfeld, Friedrich Hinterberger, Niko Peach, Wolfgang Sachs, Andreas Weber, Christa Liedtke, Adelheid Biesecker, Dr. Georg Winter, die Forscherinnen am ISOE, am Wuppertal-Institut u.v.a. mehr. Wir stehen immer auf den Schultern von Riesen.

Ich lebe gerne. Ich liebe die Natur. Ich fühle mich heute glücklicher denn je – und trauriger. Denn all mein Bemühen um eine andere Politik und obwohl wir Nachhaltigkeitsforscherinnen in den letzten Jahrzehnten nichts unversucht ließen, um die ökologische Transformation voranzubringen um Politik und Wirtschaft von den Notwendigkeiten des Klimaschutzes und der Ressourcenwende zu überzeugen, waren wir nicht erfolgreich.

Und um der Wahrheit die Ehre zu geben: Auch ich war und bin Teil des Problems. Fahre immer noch manchmal Auto (weil auf dem Lande), esse so gut wie nie Fleisch und Fisch und hauptsächlich Gemüse (bio). Ich habe zwar ein Deutschlandticket und mache alle Fernreisen in Europa mit der Bahn. Aber ich fliege auch ein Mal im Jahr nach Japan, um meine Enkelkinder zu besuchen.