- Das menschliche Gehirn hat – wie wir wissen – die Neigung, Sinn zu suchen, und Zusammenhänge zu konstruieren, wo keine sind. Herr Steingart, ein großer Deutscher und neuerdings auch dichtender Journalist, ist heute Nacht wohl diesem Fehler anheimgefallen. Er reimt: „Zetsche geht – Merkel klebt“. Lustig nicht?
Allerdings hat die Sache einen Denkfehler: Die Tatsache, dass „klebt“ sich auf „geht“ reimt, bedeutet noch nicht, dass seine Darstellung schon Sinn macht. Es handelt sich um eine Sternstunde schlechten Journalismus. Und er weiß vielleicht nicht, was er damit anrichtet. Der Verweis auf Weimar zu Beginn des Textes, soll bei uns den Reflex auflösen, er berücksichtige die prekäre Lage, in der sich Deutschland befindet. Doch auf diesen Trick fallen wir nicht herein.
Denn was ist der Unterschied, wenn Pegida-Demonstranten ihren persönlichen Frust und ihren Hass über die Eliten rausschreien? Oder wenn Gabor Steingart, auf verächtlich machende Weise, die Kanzlerin lächerlich macht. Der Unterschied ist: Herr Steingart wird gehört, und er gibt den Ton an. Den Ton derer, die ein Klima der Verachtung für Menschen kreieren, denen wir den Respekt nicht versagen sollten. Denn wenn wir aufhören, sie respektvoll politisch zu bekämpfen, endet es, wo wir nicht hinwollen. In einer Schlacht zwischen Orcs und Orcs. Nicht?
Es sind der Ton, und der Umgang mit einander, die den Unterschied ausmachen. Mir wäre „hart in der Sache, menschlich im Ton“ lieber. Wir sollten den Weg in eine bessere Welt – zu einer besseren Politik – zivilisiert oder besser noch freundlich gestalten. Der Autor ist übrigens ein guter Journalist. Mit kleinen Fehlern. So wie wir alle. Und wir streiten ihm nicht ab, dass er das Beste möchte, und manchmal scheitert. Also kein Grund ausfällig zu werden. Nicht wahr?